VIENNA ART WEEK 2022

Was sagen unsere Direktor:innen zum Thema „Challenging Orders“? Teil 2

Hinter der Vienna Art Week steht der Trägerverein „Art Cluster Vienna“. Wir haben unsere Vereinsmitglieder gefragt, wie sie die Rolle ihrer Institutionen in Bezug auf „Challenging Orders“ sehen. Hier ihre Antworten…

 

 

©Eva Kelety

Die Herausforderungen und Anforderungen an die Menschheit, die mit dem steten globalen Wandel einhergehen, lösen Unsicherheiten und Ängste aus, weisen aber zeitgleich die Dringlichkeit auf, umzudenken, umzuwandeln und vor allem „umzuhandeln“. Offenheit, Diversität und Flexibilität sind dabei wichtige Koordinaten im Versuch, vorhandene Strukturen aufzubrechen.
Mit einem international ausgerichteten Blick bietet das STRABAG Kunstforum Künstler:innen eben diesen „Raum“, um Gegenwärtiges künstlerisch auszudrücken und mit der Öffentlichkeit in Diskurs zu treten. Der jährlich vergebene Kunstpreis STRABAG Artaward International mit seinen alle drei Jahre wechselnden Teilnahmeländern und Expert:innenjurys unterliegt einer kontinuierlichen Auslotung von orders, die nicht minder challenging ist. Beständig bleiben dabei als Grundgerüst das Sichtbarmachen, Präsentieren, Fördern, Sammeln, Begleiten und Vernetzen junger internationaler Positionen.

Foto: Natascha Unkart / belle & sass

„Challenging orders“ als antirassistischer, feministischer Protest

Die Secession fördert in ihrem internationalen Programm zeitgenössische künstlerische Agenden, Experimente und gesellschaftskritische Diskurse, die sich mit unserer Zeit und ihrer politischen Bedeutung beschäftigen. Es gilt Anordnungen und Befehle dort anzufechten, wo sie überlieferte Stereotype bedienen und so vorhandene Machtverhältnisse festigen und daran zu arbeiten unsere Gesellschaft offener und inklusiver zu gestalten. Wir dürfen nicht aufhören uns für Gerechtigkeit einzusetzen, für unsere und die nächsten Generationen.

In diesem Sinne verstehen wir „Challenging orders“ als einen Aufruf zum antirassistischen, feministischen Protest.

Der Vorstand der Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession

Ramesch Daha (Präsidentin), Ricarda Denzer, Barbara Kapusta, Wilfried Kühn, Ulrike Müller, Nick Oberthaler, Michael Part, Lisl Ponger, Axel Stockburger, Sophie Thun, Anna Witt, Jun Yang

© Katharina Gossow/MAK

Eine neue Sichtweise verlangt nicht nur andere Perspektiven, sondern auch neue Gewichtungen und Hierarchien. Wie man an eine Sammlung, wie die des MAK herangeht, ist „challenging orders“ im aktiv und passiv gelesenen Sinn, einmal Betonung auf „challenging“, einmal auf „orders“. Was gestern wichtig war, hat heute oft kaum Bedeutung mehr, was unterschätzt wurde, wird als vorausdenkend erkannt. Auf sich verändernde Situationen zu reagieren ist auch eine wichtige Rolle von Kunst und Design, künstlerische Strategien antizipieren dabei oft politische und gesellschaftliche Veränderungen. In jedem Fall: challenge accepted!

© Ouriel Morgensztern

Was uns heute verbindlich, normiert und unumstößlich erscheint, kann morgen schon obsolet sein oder als rückwärtsgewandt eingestuft werden. Das erleben wir aktuell ständig in unserer von demokratischen Werten aber auch von ständigem Wandel geprägten Gesellschaft.

Die in unseren Museen und Kunsthallen präsentierte Kunst ist häufig Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen, oft fortschrittlich, manchmal revolutionär und bisweilen sogar visionär.

In den letzten Jahrzehnten ist das Hinterfragen, Kritisieren und Analysieren von Hierarchien, der Ungleichbehandlungen der Geschlechter oder einzelner gesellschaftlicher Gruppen immer drängender geworden.

Der Wandel ist schon aus Gründen veränderter Lebensrealitäten eine Notwendigkeit, das Motto „Challenging Orders“ der Vienna Art Week ist somit am Puls der Zeit.

Foto: Ingo Pertramer / Belvedere, Wien

Künstler:innen sind schon immer sehr gut darin gewesen, bestehende Verhältnisse, Ordnungen und Machtstrukturen zu subvertieren, auszuhebeln und neu zu formatieren. Damit fordern sie die Gesellschaft heraus und rütteln an institutionellen Säulen. Das ist unbequem und verursacht bisweilen Schrecken oder Schmerz. Dennoch ist es für die Gesellschaft und – in unserem Fall – für Museen notwendig und lohnend, sich diesen Prozessen zu stellen und sie offen zu verhandeln. Am Ende gewinnen alle Beteiligten – zumindest neue, frische Perspektiven!