EXHIBITIONS

Subtile Veranschaulichungen – Angelika Loderer im Belvedere 21

Unter dem Titel „Soil Fictions“ wird Angelika Loderers Werk aktuell in einer Personale im Belvedere 21 gezeigt.
Ein Text von Sabine B. Vogel.

Angelika Loderer in der Ausstellung „Angelika Loderer. Soil Fictions“, Foto: Kunst-Dokumentation.com, Manuel Carreon Lopez © Bildrecht, Wien 2024

Schon zwei Mal war die Bildhauerin Angelika Loderer in Gruppenausstellungen des Belvedere zu sehen. Jetzt wird ihr Werk konsequenterweise in einer Personale gezeigt. Eine „Werkschau“ nennt es Chefkuratorin Luisa Ziaja, in der Loderers „Auseinandersetzungen der früheren Jahre verdichtet sind“. Zentrales Thema darin ist der Wechsel des normalerweise Unsichtbaren, das uns täglich umgibt, ins Sichtbare. Die 1984 im steirischen Feldbach geborene Künstlerin spricht von „subtilen  Veranschaulichungen“, wenn sie etwa Spechthöhlen und Maulwurfsgänge ausgießt. „Schüttlöcher“ heißen diese Serien, die sie seit 2012 verfolgt – und die jetzt auch die erste Reihe des „Material- oder Formteppichs“ bilden.

So beschreibt Kuratorin Verena Gamper die Präsentation im Souterrain des 21er Haus. Ohne Sockel liegen dort die Skulpturen Reihe für Reihe akkurat nebeneinander auf dem Boden. Wir müssen uns zu den Werken hinunterbeugen – und das ist durchaus inhaltlich motiviert. Denn der Boden spielt immer wieder eine Rolle in Loderers Werk, vom Respekt vor allen Wesen bis zum Ort ihrer künstlerischen Formfindungen.

 

Ausstellungsansicht "Angelika Loderer. Soil Fictions", Foto: Kunst-Dokumentation.com, Manuel Carreon Lopez © Bildrecht, Wien 2024

Dazu gehören auch die fast abstrakt wirkenden „Roadkill“-Bronze-Skulpturen. Es sind Abgüsse von im Straßenverkehr plattgefahrenen Tieren – Igel, Schlange, Vogel – die auf eine perfide Weise dem Boden verhaftet sind. Die Gusskanäle dienen hier als kleine Sockel. Fundstücke sind auch die Knochenreste und Wespenlöcher aus Lehm, die Loderer gar nicht in eine neue Form transferieren musste, um sie dem ´Teppich´ zuzufügen, wie sie beim Presserundgang betont. Die Präsentation der akkurat nebeneinander gelegten Skulpturen erklärt sie als eine Erinnerung an archäologische Grabungsstätten. Aber auch als Möglichkeit, Motive, Materialien und Formen gleichwertig zu behandeln.

Auch der Titel „Soil Fictions“ spielt mit der Idee des Bodens „als Habitat des Vielen“, wie Gamper erklärt. Wir Menschen kommen darin nur als Versatzstücke vor, in den Wachsabgüssen von Händen und Schuhen. Das erzeugt ein eigenartiges, emotional verwirrendes Miteinander von Menschen und Tieren, das in den Regalen am Ende der Reihungen einen Höhepunkt findet: Kleine, postkarten-ähnliche Fotografien von ephemeren Momenten sind mit einer Pilzkultur bedeckt, die die Erinnerungsbilder langsam auflösen. Verschwinden wir Menschen oder unsere Rolle im Ganzen der Welt hier in einer zunehmenden Unsichtbarkeit?

 

Angelika Loderer in der Ausstellung "Angelika Loderer. Soil Fictions", Foto: Kunst-Dokumentation.com, Manuel Carreon Lopez © Bildrecht, Wien 2024
Angelika Loderer, Schüttloch (6), 2022, Courtesy Sophie Tappeiner, Foto: Kunst-Dokumentation.com, Manuel Carreon Lopez © Bildrecht, Wien 2024
Angelika Loderer, Schüttloch (Gips 4), 2023, Courtesy Angelika Loderer, Foto: Kunst-Dokumentation.com, Manuel Carreon Lopez © Bildrecht, Wien 2024
Angelika Loderer, Roadkill (Sparrow), 2023, Courtesy Angelika Loderer, Foto: Kunst-Dokumentation.com, Manuel Carreon Lopez © Bildrecht, Wien 2024
Ausstellungsansicht "Angelika Loderer. Soil Fictions", Foto: Kunst-Dokumentation.com, Manuel Carreon Lopez © Bildrecht, Wien 2024