EXHIBITIONS

So viel Tod – Dom Museum Wien

Offensichtlich beflügelt das Ende des Lebens die Fantasie der Künstler:innen. Wie spannend das über die Jahrhunderte geblieben ist, zeigt gerade das Dom Museum Wien mit der Ausstellung „Sterblich sein“.

Ein Text von Sabine B. Vogel

Maria Lassnig, To love or not to love…, 1964/65, bis 2008 teilweise übermalt. Maria Lassnig Stiftung / Foundation, Maria Lassnig © Maria Lassnig Stiftung / Bildrecht, Wien 2023, Foto: Roland Krauss

Sensenmänner, Totenköpfe, Skelette, Soldaten, auch die christliche Kreuzabnahme – die Motive rund um den Tod sind vielfältig. Offensichtlich beflügelt das Ende des Lebens die Fantasie der Künstler:innen. Wie spannend das über die Jahrhunderte geblieben ist, zeigt gerade das Dom Museum Wien mit der Ausstellung „Sterblich sein“ .

 

Der Ort ist dafür geradezu prädestiniert. Das 1933 gegründete Dom Museum direkt neben dem Stephansdom beherbergt die wichtigste österreichische Sammlung historischer Sakralkunst.  Tod und Trauer gehören zum fixen Bestandteil der religiösen Werke. Dadurch kann diese Schau Zeitgenössisches mit Beständen perfekt kombinieren, wenn etwa ein Totenkasel aus dem Jahr 1630 hier auf Manfred Erjautz „Blindflug“ (2021) trifft: Aus Aluminium gegossen, schweben vier horizontale Knochenkompositionen an der Decke. Mit seinen langen Fingern bedeckt das Gerippe die Augenhöhlen, als wollte es nichts mehr sehen. Daneben zeigt ein Skelett auf dem schwarzen Samthintergrund des liturgischen Priestergewands triumphierend auf seine Trophäen der Getöteten.

Manfred Erjautz, Blindflug // Blind Flight, 2021. Courtesy of the artist, Manfred Erjautz © Bildrecht, Wien 2023, Foto: Reiner Riedler

Die beiden Werke gehören zu dem Kapitel „Dagegen Anzeichnen“, wo auch ein großes Konvolut von großartigen Zeichnungen aus der Sammlung Otto Mauer hängt. Von den Radierungen des belgischen Meisters James Ensor über Lovis Corinths „Der Künstler und der Tod“ bis zu Maria Bussmanns „Zu Besuch beim Tod“ von 2023 werden kurze Momente der Sterblichkeit festgehalten – oder wie auf dem Ölbild „Triumph des Todes“ von Jan Brueghel der Jüngere (um 1620) in Mengen von kleinen Szenen gefeiert.

 

Für das Treppenhaus entwickelte Sybille Loew ihr Werk „Stiller Abtrag“ (2023): 200 bestickte Schilder hängen an roten Fäden von der Decke. Der Titel werde von Bestattungsunternehmen für „Beisetzungen ohne Angehörige“ verwendet, lesen wir dazu. Die Schilder erinnern an die Zettel, die Leichnamen an die Zehen gebunden werden. Name, Geburtsdatum und Alter von 200 in Wien im Jahr 2022 einsam Verstorbenen sind darauf notiert.

 

Die fünf intensiven Kapitel zur Sterblichkeit lassen uns hier fast vergessen, dass wir eigentlich Tag um Tag höchst erfolgreich daran arbeiten, die Tatsache des drohenden Todes zu verdrängen.

Jan Brueghel d. J., Triumph des Todes, um 1620. LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna, Foto: © LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna

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