Von 26. April bis 4. November widmet sich das Sigmund Freud Museum dem „Unheimlichen“. Die Kunstausstellung in der Berggasse 19 nähert sich mit ausgewählten Positionen dieser Empfindung an, die schon Sigmund Freud beschäftigte. In seiner 1919 erschienenen Abhandlung „Das Unheimliche“ verwies der Psychoanalytiker einmal mehr auf die Fähigkeit der Künste, dem psychischen Erleben Ausdruck zu verleihen. Dementsprechend eröffnen die gezeigten Werke zeitgenössischer Kunst eine Bandbreite von Betrachtungsweisen, die Freuds Einsicht widerspiegeln: das Unheimliche lässt sich sowohl auf das Vertraute (Heimelige) als auch auf das ins Unbewusste Verdrängte (Verheimlichte) zurückführen.
In den Werken von Louise Bourgeois, Heidi Bucher, Gregory Crewdson, Birgit Jürgenssen, Helmut Newton, Hans Op de Beeck, Stephanie Pflaum (im Schauraum Berggasse 19), Markus Schinwald, Esther Shalev-Gerz, Cindy Sherman, Jeff Wall, Kay Walkowiak und Francesca Woodman begegnen wir dem Unheimlichen in metaphorischen Kompositionen von deformierten oder entblößten Körpern ebenso wie in hintergründigen Inszenierungen, die das Grauenerregende oft erst nach und nach erkennen lassen. Auch der „verhüllte Charakter“ der unheimlichen Gemütsregung, dem Freud in seiner Analyse besondere Bedeutung beimaß, prägt zahlreiche der künstlerischen Kompositionen.
Dabei treten die Werke in einen Dialog mit dem Ausstellungsort, dem das Unheimliche seit der Vertreibung der Familie Freud 1938 und der anschließenden Internierung jüdischer Wiener:innen in der Berggasse 19 durch das NS-Regime zwangsläufig eingeschrieben ist. Darüber hinaus werden in der Kunstschau Themen verhandelt, die Freud vor Ort einst in Theorie und Praxis erforschte: Doppelgängertum, Fetischismus, Traum, Traumata und die Wiederkehr des Verdrängten bis hin zur kritischen Aufarbeitung tradierter Sichtweisen über weibliche Sexualität und Geschlechterkategorien.
Die Ausstellung „DAS UNHEIMLICHE“ im Sigmund Freud Museum – der zweite Teil der Kooperation „Innenwelten. Sigmund Freud und die Kunst“ mit der Kunsthalle Tübingen – wurde von Monika Pessler (Direktorin Sigmund Freud Museum) und Dr. Nicole Fritz (Direktorin Kunsthalle Tübingen) kuratiert.
Sigmund Freud Museum
Wien IX, Berggasse 19. An dieser Adresse lebte und arbeitete Sigmund Freud 47 Jahre, ehe er 1938 vor den Nationalsozialisten fliehen musste. Seit 1971 befindet sich hier das Sigmund Freud Museum, das 2020 nach umfassender Sanierung und Erweiterung neueröffnet wurde. Drei Dauerausstellungen in den ehemaligen Wohn- und Ordinationsräumen Freuds, eine Kunstpräsentation im Schauraum Berggasse 19 sowie Sonderausstellungen vermitteln Freuds vielschichtiges kulturelles Erbe: Sie sind seinem Leben und Werk gewidmet, der Entwicklung der Psychoanalyse in Theorie und Praxis und ihrer Bedeutung für die Bereiche Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst. Auch die Geschichte des Hauses Berggasse 19 sowie die bewegten Schicksale seiner Bewohnerinnen und Bewohner werden ins Blickfeld gerückt.
DAS UNHEIMLICHE – Sigmund Freud und die Kunst
26 Apr 2024 - 4 Nov 2024
Sigmund Freud Museum
Berggasse 19, 1090 Wien, Österreich
Ausstellungsansicht "Das Unheimliche" mit Heidi Bucher, "Häutungen" und Cindy Sherman "Untitled #302" (C) Oliver Ottenschläger