Stefan Draschan
Die Fotografien von Stefan Draschan sind in den Sozialen Netzwerken ein Renner. Besonders bekannt sind seine Fotos, die Personen vor Kunstwerken zeigen, die unwissentlich mit diesen in einer – oftmals erheiternden – optischen Verbindung stehen.
Stefan, beschreib uns doch bitte, was deine Fotografien ausmacht.
Stefan Draschan: Ich kann bei Bedarf stundenlang bei Artist Talks über meine und andere Fotos reden, da ich Fotografie leidenschaftlich liebe, dabei gehe ich auf einzelne, ausgesuchte Fotos ein. Werde ich allgemein zu meiner Fotografie befragt, halte ich mich an den Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich, der in meinem Buch „Zufälle im Museum“ (Hatje Cantz Verlag) u.a. schreibt: „Seine Fotos zeigen vielmehr Konstellationen von Kunstwerken und Menschen, die an das Prinzip von Pendants erinnern: Zweierlei wird aufeinander bezogen, das sich durch eine gute, ungewöhnliche Mischung von Ähnlichkeiten und Unterschieden auszeichnet. (…) Gemälde erscheinen dramatischer und raffinierter, Skulpturen gewichtiger und virtuoser, wenn Draschan sie in dem Moment fotografiert, in dem sich ihnen eine oder mehrere Personen nähern, die ein Motiv oder eine stilistische Eigenart variiert an sich haben. Man könnte also auch sagen, dass Draschan ein Kurator mit Mitteln der Fotografie ist.”
Was ist das Besondere an deiner Arbeitsweise?
Stefan Draschan: Die Zeitspanne: ich kann eine Ewigkeit warten und dann geht es um eine 25stel Sekunde. Und der Umfang an Output ist bemerkenswert: Für „People Matching Artworks“ entstanden 1.200 Fotos, von denen natürlich nicht alle der Wahnsinn sind.
Woran arbeitest du gerade?
Stefan Draschan: Arbeiten ist für mich relativ, bei mir läuft viel im Kopf ab: Ich speichere alles Mögliche ab und dann dauert es bis sich das Puzzle zusammensetzt. Entweder habe ich zuerst ein Bild im Kopf oder träume es sogar, um dann alsbald in der Realität nachzuschauen bzw. die Chanceneinschätzung zu beurteilen. Manchmal braucht es Jahre bis das zweite Foto entsteht, und etwas zu einer Serie wird.
Seit dem Auftreten von Corona habe ich zehn verschiedene neue Serien veröffentlicht, für die ich in davor nie Zeit und Muse hatte: “People looking videos in exhibitions”, “(Almost) empty museums”, “Strassenstricher”, “Computer graveyard”, “People arguing with artworks”, “Women holding their neck while looking on …”, “Museums of water ingress / plastic buckets / waterdrops”, “People’s clothes matching seats in museums”, “Drug license plates”, “People sleeping in libraries”. Alle zehn sind vorerst als Facebook-Alben veröffentlicht, mehrere auf Instagram. Auf meine Webseite oder auf www.tumblr.com stelle ich sie erst im Laufe der Zeit.
Stefan, worauf dürfen wir uns als nächstes freuen?
Ich stelle gerade Überlegungen an, Kisten mit Memorabilia im Stil von Joseph Cornell zu erstellen: eine Capri-Kiste und eine Gmunden-Kiste gespickt mit kleinen Souvenirs, die ich von dort habe.
Hast du ein persönliches Arbeitsritual, dem du gerne folgst?
Ja, im Normalfall besuche ich alle zwei Tage ein Museum. Jetzt während der Corona-Pandemie gehe ich natürlich nicht. Solange noch Ansteckungsgefahr besteht, werde ich meine Museumsbesuche reduzieren, um anderen BesucherInnen Raum zu geben. Zuletzt habe ich gelesen, dass ins Museum Barberini in Potsdam derzeit nur ein Drittel der üblichen Besucheranzahl hinein darf.
Was ist dir an deinem Studio besonders wichtig?
Da mein Studio die Stadt ist, in der ich mich aufhalte, bzw. das Leben per se (ich fotografiere so gut wie immer und habe immer meine Kamera mit dabei), spielen hier viele Elemente zusammen. In der Stadt meiner Träume – also meinem Weltstudio – würde ich jetzt nach einem Espresso, einem Babà und von der Meeresbrise in Mergellina schwärmend eine Funicular-Fahrt auf Capri machen. Ich würde dann im Meer schwimmen, in Nizza raussteigen, frittierte Miesmuscheln (Moules frites) und Austern (huitres) essen, um danach vom Place de la Republique Éclair à la pistache essend mit dem Waffenrad an der Seine entlang zu fahren, wo ich mich entweder für das Musée d’Orsay oder das Louvre entscheiden muss. Danach genieße ich erstaunlich günstiges und fantastisches Couscous legumes im Chez Omar in der Rue de Bretagne. Abends – ach, ich bin schon alt – und denke da jetzt eher an einen Tagesausklang auf einer der autofreien Piazzas in Florenz und an die Lichtspiegelungen im Arno und das alles mit meiner Freundin, als an wilde Clubnächte auf den Hügeln von Acapulco oder der Lagoa Rio des Janeiros.
Wie beginnst du ein neues Werk?
Bei den Fotos starte ich einfach mit dem Machen, dazu muss man aber erst durch Übung “ready” werden und das abrufen können. Danach gruppiere ich die Arbeiten. Bei den Collagen und Kisten muss ich mich zuerst aufraffen und dann herumprobieren, wieder überlegen, etwas verändern, verwerfen …
Wie oder wo findest du Inspiration zu deinen Arbeiten?
So gut wie überall: in Berlin z.B. habe ich sicher schon nach eineinhalb Jahren herumradeln in Berlin-Mitte meine Lieblingsstellen entdeckt, an denen sich nach dem Regen Pfützen bilden. Wenn ich mir die Wasserspiegelungen von allen Seiten angesehen haben, sind mir immer wieder Leute begegnet, die mich gefragt haben, was ich da mache. / jetzt weniger da es ja weniger regnet als noch vor 5 Jahren)