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Soli Kiani

Selfportrait, Soli Kiani, 2018 © Soli Kiani

In der Zeit der Corona-Krise besuchen wir die aus dem Iran stammende Künstlerin Soli Kiani in ihrem Wiener Atelier.

Soli, du bist im Iran geboren, auf welche Weise hat deine Herkunft Einfluss auf deine künstlerische Arbeit?
Soli Kiani: In meinen Arbeiten setze ich mich mit dem Thema der nicht vorhandenen Menschenrechte im Iran und dem Islam, also dem Land und der Religion, in denen ich sozialisiert wurde, auseinander. Vor allem die Frauenrechte sind mir ein großes Anliegen, da Frauen nach dem islamischen Gesetz im Iran noch mehr benachteiligt sind als Männer. Meine Arbeit ist konzeptionell, religiös und gesellschaftspolitisch kritisch mit autobiographischem Hintergrund.

Woran arbeitest du gerade?
Ich habe die letzten Tage der Ausgangsbeschränkung und Isolation genutzt, um meine Datenbank zu aktualisieren und mein Atelier neu zu ordnen und so mehr Platz zu schaffen für neue Ideen und Arbeiten. Ab dieser Woche werde ich mich mehr dem Medium Fotografie widmen und sowohl vor der Kamera als auch hinter der Kamera stehen.

Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen, sagt Aristoteles. Ein anderes Sprichwort sagt, er ist schwer – wie zum Beispiel der erste Strich auf einer weißen Leinwand. Wie beginnst du ein neues Werk?
Da ist viel Wahres dran, ich lese und recherchiere relativ viel, bevor ich mit dem praktischen Teil oder dem Schaffensprozess beginne. Allerdings habe ich einen experimentellen Zugang bei der künstlerischen Umsetzung meiner Ideen, daher ist die sogenannte „Angst vor der weißen Leinwand“ bei mir nicht gegeben.

Kannst du uns ein Beispiel geben, wie du über das Experimentieren zu einer neuen Idee für eine Arbeit gekommen bist?
Die Idee entsteht bereits bevor ich mit Schaffensprozess beginne. Ich habe eine experimentelle Herangehensweise bei der künstlerischen Umsetzung meiner Ideen, dennoch entsteht auch Neues während ich an einer ersten oder ursprünglichen Idee arbeite, wie zum Beispiel bei der Serie „Plastische Malerei“. Zunächst waren am Boden in Faltenwürfe gelegte Tschadors (Burka) meine Referenz für Ölkreide-Zeichnungen auf mit Acryl bemalten Leinwänden. Später wurde daraus das Material für die Serie „Plastischen Malerei“. Bei dieser Serie färbe ich Leinenstoffe mit weißer oder schwarzer Acryl-Farbe, fixiere dann diese Leinenstoffe als teils kontrollierte und teils zufällige Faltenwürfe und präsentiere sie entweder am Boden, an der Wand oder im Raum. Die Objekte stehen immer im Dialog mit meinen Fotoarbeiten oder Malereien/Zeichnungen. Nicht zuletzt bestehen beide Serien aus denselben Materialien: Acryl und Leinenstoff. Daher kommt auch der Name „Plastische Malerei“. Ich möchte die Frage in den Raum stellen, was Malerei sein darf, kann und soll!

In deinen Arbeiten kommen häufig textile Materialien vor, welche Bedeutung haben sie für dich?
Ja, häufig ist ein Textil der Ausgangspunkt meiner künstlerischen Produktion, wobei ich einem solchen Textil eine metaphorische Bedeutung von „Tschador“ beimesse. Der „Tschador“ bedeutet auf Farsi wortwörtlich Zelt, bezeichnet jedoch gewöhnlicher Weise das meist dunkle Tuch, das von muslimischen Frauen im Iran als langer, den Kopf und teilweise das Gesicht und den Körper bedeckender Schleier getragen wird. Die Themen Kleidung, Stoffe und Mode haben eine ziemlich dominante Rolle in meinem Leben gespielt. Stoff war nicht nur Kleidung, sondern gleichzeitig Schutzmantel, aber auch Gefängnis meiner Identität.

Wie oder wo findest du Inspiration?
Die Inspiration finde ich in den Büchern und Biografien von Frauen und Männern, die für die Menschenrechte im Iran kämpfen beispielsweise Shirin Ebadi, Masih Alinejad, oder Forough Farrokhzad. Außerdem beschäftige ich mich mit der Gesetzeslage und verarbeite natürlich auch meine Jugendzeit im Iran und die damit verbundenen Erfahrungen.

Hast du ein persönliches Arbeitsritual, dem du gerne folgst?
Mein persönliches Arbeitsritual hat zwei Phasen: Phase eins ist Lesen, Recherchieren und Material Sammeln, Phase 2 ist die künstlerische Umsetzung.

Was ist dir an deinem Studio besonders wichtig?
Wohlfühlen, Ruhe und Stille die ich zum Arbeiten brauche.

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Fotos: Soli Kiani