Nives Widauer
Wir treffen Nives Widauer, die sich über die Jahre ihren eigenen Kosmos geschaffen hat. Sie verfolgt dabei unterschiedliche Techniken und verbindet in ihren Arbeiten Analoges mit Digitalem. Transformation ist dabei eines ihrer Kernthemen.
Häufig haben Kunstschaffende ein spezifisches Thema, manche arbeiten stark mit der eigenen Biografie, andere mehr mit der sie umgebenden Welt
…Meine Biografie ist von der mich umgebenden Welt geprägt, und deswegen kann ich diese zwei Dinge nicht losgelöst voneinander sehen. Die Verbindungen und Verflechtungen sind vielfältig und vielschichtig. Das Fremde ist oft das Naheliegendste und umgekehrt. So gesehen erforsche ich, verkürzt formuliert, mein eigenes Leben, die Welt um mich. Das kann im Mikro- oder Makrokosmos sein – also vom Küchentisch zu den Sternen und zurück oder auch nicht.
Was macht deine Arbeitsweise aus?
Ich reflektiere. Ich interessiere mich für Schichten und Geschichten. Und ich verbinde unterschiedliche (Denk-)Räume und bewege mich in ihnen frei. Räume sind Schatten, sie träumen. Eine Vorstellung von einer Sache zu haben, ist das eine. Diese ins Außen zu bekommen, ins Reale, das ist Arbeit. Nicht im Sinne von Fleiß, im Sinne von Konzentration, von Mut und auch von Wissen und Technik.
Du bewegst dich virtuos durch die unterschiedlichsten Medien. Wie ist es für dich, wenn du dir eine neue Technik aneignest?
Nives Widauer: Neugierde gepaart mit Geduld oder auch Lernen, ein Leben lang, das macht mir unglaublich Spaß – Leidenschaft – Ebenso wie mit Leichtigkeit, aber auch Innigkeit und ohne Angst, einem bestimmten Bild entsprechen zu müssen, zu arbeiten.
Nives, erzähl uns bitte etwas über den Entstehungsprozess deiner Werke.
Meistens sind es viele Jahre von der Idee bis zur Umsetzung, das ist kein geradliniger Prozess. Sachen bleiben liegen, werden überdacht, ich teste Techniken. Am Ende ist der Impuls zur Fertigstellung unterschiedlichster Natur. Meistens mache ich die Werke ohne zeitliche Zielvorgabe, sondern weil ich sie einfach realisieren möchte. Und weil ich gerne in meinem eigenen Rhythmus bleibe.
Hast du von Beginn an ein genaues Bild vom fertiggestellten Kunstwerk vor Augen?
Doch sehr, und der Prozess ist ja auch das Schärfen der Vorstellung und die Annäherung des realen Werkes an das innere Bild. Das ist ja gerade das Schwierige. Das ist wie beim Träumen: das Traumbild ist logisch und konzis, darüber zu schreiben oder zu reden schon schwieriger, das Reenactment sehr schwer. Dann muss man sich oft darauf einlassen, dass die fertige Arbeit anders ist, als die Vorstellung davon. Wie bei der Romanverfilmung …
Wo findest du Inspiration zu deinen Arbeiten?
Im Leben, überall. Im Gespräch, in der Auseinandersetzung mit alter Kunst, mit Musik, mit Archiven. Im Traum. Im Tun. Im Warten.
Dein Studio ist ein ganz spezieller Ort, es erinnert an eine Wunderkammer, die zum Entdecken einlädt. Trennst du Arbeitsort und Lebensbereich oder verschwimmt das?
Das Studio ist meine zweite Haut, mein erweiterter Körper. Das bin schon sehr ich, glaub ich. Es ist kein Zufall, dass mein Aquarellplatz neben dem Herd ist. Kochen ist zentral. Aber ich geh auch gerne auswärts essen …(lacht)
Bist du viel auf Reisen?
Also aktuell sind meine Reisen innerer Natur. Aber ja, ich bin eine Reisende und fühle mich an vielen Orten zu Hause. Hier möchte ich den Philosophen Villém Flusser zitieren: „Ich bin heimatlos, weil ich so zahlreiche Heimaten in mir trage.“ Das ist bei mir auch noch familiär bedingt, unsere Familie ist ein ziemlicher Mix von Menschen unterschiedlichster Herkunft.
Hast du ein persönliches Arbeitsritual, dem du gerne folgst?
Ich steh ganz gerne früh auf, die ersten Stunden des Tages sind für mich oft die klarsten, da kann ich gut denken. Wenn ich in manuelles Arbeiten vertieft bin, höre ich sehr gerne Musik. Ein idealer Tag ist gutes Arbeiten tagsüber und Freunde am Tisch am Abend – gemeinsam Kochen und Reden.
Was ist dir an deinem Studio besonders wichtig?
Das Licht, der freie Blick in den Himmel, die Nähe zum Strand. (lacht)
Woran arbeitest du gerade?
An einem Körperatlas, an einem Mosaik, an neuen Glasfiguren, ich zeichne viel. Derzeit schließe ich einen Installationszyklus konzeptuell ab, die Umsetzung wird im Sommer stattfinden.