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Künstlerinnen und Künstlern den Berufseinstieg erleichtern

Dauer der Ausstellung
14.11.202014.11.2020
Extra info

Ingeborg Erhart ist Vizerektorin für Kunst und Lehre an der Akademie der bildenden Künste Wien.

Ingeborg Erhart Foto: Viktor Brazdil

Vizerektorin Ingeborg Erhart im Gespräch über das umfangreiche Förderprogramm der Akademie der bildenden Künste Wien. Video-Sessions, in denen sich die Künstlerinnen und Künstler des Akademie Studio-Programms präsentieren, sind über den Veranstaltungslink zu finden.

Ingeborg Erhart, in Ihrer Funktion als Vizerektorin für Kunst und Lehre der Akademie der bildenden Künste Wien sind Sie auch für die Absolventinnen und Absolventen sowie die Nachwuchsförderung zuständig. Welche Projekte und Programme liegen Ihnen dabei besonders am Herzen?
Als langjährige Interessenvertreterin für eine Künstler_innenvereinigung kenne ich die Situation der Künstler_innen gut. Der Übergang vom Studium zur freischaffenden Tätigkeit ist eine bedeutende Zeit, in der bereits die Weichen für Karrieren gestellt werden können. Deshalb sind die Programme, die wir in diesem Bereich anbieten, wie das Akademie Studio-Programm, sehr wichtig. Gleichzeitig soll aber schon während des Studiums auf die Gegebenheiten der Kunstwelt vorbereitet werden und die Alumnae_Alumni-Arbeit ist u.a. in Bezug auf den Erfahrungsaustausch generell von hoher Bedeutung.

Im Rahmen des Akademie Studio-Programms werden Absolventinnen und Absolventen für die Dauer eines Jahres Gemeinschaftsateliers im Creative Cluster Margareten zu Verfügung gestellt. Für wie viele Stipendiatinnen und Stipendiaten besteht dieses Angebot und nach welchen Kriterien werden sie ausgewählt?
Das Förderprogramm wurde für 10 Stipendiat_innen ausgeschrieben, wobei es dieses Jahr aufgrund des Kollektivs HEKATE 11 Personen sind, die daran teilnehmen. Ausgewählt wurden sie von der Stipendienkommission der Akademie der bildenden Künste mit Blick auf die künstlerische Qualität der Einreichungen bzw. dem Bedarf nach Arbeitsraum.

Seit wann besteht das Akademie Studio-Programm?
Das Akademie Studio-Programm wurde 2018 unter dem Titel ArtStart Studio initiiert. In den ersten beiden Jahren fand es im Creative Cluster >>Traktorfabrik<< im 21. Wiener Gemeindebezirk statt, wo die teilnehmenden Künstler_innen einen 420 m2 großen Studiospace gemeinsam nutzten. Seit diesem Jahr nutzen unsere Stipendiat_innen vier ehemalige Klassenzimmer im Creative Cluster Margareten als Atelierräumlichkeiten.

Ezgi Erol, Mulberry Tree, 2019

Weshalb wurde als Standort für die Förderateliers der Creative Cluster Margareten ausgesucht?
Die Kooperation mit dem Creative Cluster unter der Leitung von Karim El Seroui besteht seit 2018. 2019 ist die Möglichkeit zur Zwischennutzung am Standort Traktorfabrik ausgelaufen und der Creative Cluster von Favoriten nach Margareten übersiedelt. Im Sommer 2020 ergab sich für die Akademie aufgrund der Adaption des angrenzenden Gebäudes, das bis Juni noch als Schule genutzt wurde, die Möglichkeit einer erneuten Zusammenarbeit, die wir gerne ergriffen haben. Der aktuelle Standort ist für die Teilnehmer_innen an unserem Programm ideal – gut gelegen und mit vielen weiteren Künstler_innen und Kreativen vor Ort, eine gute Möglichkeit also zum Austausch untereinander, aber auch mit einer interessierten Öffentlichkeit.

Gibt es schon Erfahrung mit Absolventinnen und Absolventen vorangegangener Ateliersförderprogramme?
Ich bin nun seit einem Jahr an der Akademie und habe die Stipendiat_innen des zweiten Jahrgangs in der Traktorfabrik kurz kennengelernt, die selbstverständlich davon profitiert haben, dass ihnen Arbeitsräume zur Verfügung gestellt wurden. Ergänzende Workshops zu Themen, die an der Schwelle zwischen Ausbildung und freischaffender Tätigkeit relevant sind, wie beispielsweise Einreichen inklusive Budgeterstellung oder Eigen-PR, wurden als hilfreich und produktiv wahrgenommen.

Mit welchen begleitenden Maßnahmen werden die Absolventinnen und Absolventen unterstützt?
Neben der Möglichkeit einen Atelierraum ein Jahr lang zu nutzen, versuchen wir, die Stipendiat_innen mit verschiedenen Programmpunkten einer Öffentlichkeit bekannt zu machen. Dies beispielsweise in Form von Studio Visits mit Kurator_innen (im Rahmen der Vienna Art Week wird etwa Angela Stief durch die Ateliers führen), Artist Talks, Performances und einer Abschlusspräsentation gemeinsam mit anderen Künstler_innen des Creative Cluster. Zudem planen wir eine kleine Publikation, in der die Teilnehmer_innen und ihre Arbeiten vorgestellt werden.

HEKATE Film Collective, The Book of S of I, 2020 by Malu Blume

Für Absolvent_innen einer Kunstuni ist es besonders schwierig, vom erlernten Beruf leben zu können – weniger als fünf Prozent der Künstlerinnen und Künstlern gelingt das. Welche Skills sollten angehenden Künstlerinnen und Künstler ausbauen und wie kann die Kunstuniversität dabei unterstützen?
Die zentrale Aufgabe einer Kunstuniversität ist es, Möglichkeitsräume zu schaffen, in denen sich die Studierenden ausprobieren können und in denen sie eine Entwicklung durchlaufen, in der sie in einem künstlerisch kunstwissenschaftlichen Umfeld eine eigenständige künstlerische „Handschrift“ beziehungsweise Sprache etablieren. Zusätzlich sollen zukünftig bereits während des Studiums die fachspezifischen Voraussetzungen in Bezug auf das Dasein als freischaffende_r Künstler_in verstärkt vermittelt werden, vom Überleben im Förderdschungel bis hin zu steuerrechtlichen Gegebenheiten Selbstständiger.

Barbara Pflanzner, Sie betreuen den Bereich Alumnni-Förderprogramm. Welche Maßnahmen bietet die Akademie der bildenden Künste abseits des Akademie Studio-Programm noch an, um angehenden Künstlerinnen und Künstlern den Berufseinstieg zu erleichtern?
Parallel zum Akademie Studio-Programm wurde 2017 an der Akademie ein Mentoring-Programm eingeführt, das Absolvent_innen in der ersten Phase nach dem Studium begleitet und sie in der Entwicklung einer professionellen künstlerischen Laufbahn unterstützt. Neben einer finanziellen Unterstützung ist hier der individuelle Wissens- und Erfahrungstransfer durch universitätsexterne Mentor_innen aus dem Kunst- und Kulturbereich zentraler Aspekt des Programms. In Rücksprache mit den Stipendiat_innen werden außerdem Workshops organisiert, bei denen praxisbezogene Inhalte vermittelt werden, wie etwa Budgeterstellung, Einreichungen, Verhandeln im Kunstbetrieb, Social Media für Künstler_innen, – und somit Hilfestellung für den Einstieg in die Selbstständigkeit geleistet.

Offerus Ablinger, Installationsansicht