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Kreativ die Stadt gestalten.

VIENNA ART WEEK spricht mit Elisabeth Noever-Ginthör, Leiterin von Creativity & Business der Wirtschaftsagentur Wien, über Räume kreativer Nutzungen und warum sie das Thema schon lange beschäftigt und begleitet.

„Ein Lido für Ottakring“ von Kollektiv Kaorle © Timo Bogataj

Die Wirtschaftsagentur Wien bietet Leistungen für Kreativschaffende aus den Bereichen Architektur, Design, Filmwirtschaft, Kunstmarkt, Mode, Multimedia, Musikwirtschaft und Verlagswesen an. Zu den kostenlosen Services für die Kreativszene zählen Beratung, Vernetzung und Maßnahmen zur Sichtbarmachung der Szene.

Neben der Möglichkeit, laufend bei Förderwettbewerben einzureichen, richtet die Wirtschaftsagentur Wien regelmäßig Wettbewerbe aus. Zuletzt lud der Wettbewerb „Creatives for Vienna – Making Spaces” zur Entwicklung und Weiterentwicklung von Räumen kreativer Nutzungen ein.

Elisabeth Noever-Ginthör, Leiterin von Creativity & Business der Wirtschaftsagentur Wien © Wirtschaftsagentur Wien, Karin Hackl

VIENNA ART WEEK: Frau Noever-Ginthör, warum ist das Thema verfügbarer und leistbarer Raum für die Kreativszene in Wien wichtig?

Die Vorreiterrolle der Kreativwirtschaft im Hinblick auf Unternehmer:innentum, neue Arbeits- und Kooperationsformen, aber auch Flexibilisierung der Arbeitswelt sind – nicht zuletzt durch die Pandemie – wieder stärker in den Fokus gerückt. In der Arbeit von kreativen Produzent:innen geht es dabei immer auch um die Erhaltung unserer Lebensqualität und der sozialen Entwicklung unserer Stadt.

Ein entscheidender Faktor für das Entstehen neuer Modelle für Arbeit und Wirtschaft, aber auch für die Gestaltung von Entwicklungsperspektiven von Städten ist verfügbarer und leistbarer Raum.

Raum als Ressource hat dabei viele Facetten. Wo Communities Raum für Austausch und Wachstum benötigen und sich Kreativproduktion mit Ausstellungspraxis verbindet, spielen Leerstandsaktivierung und Zwischennutzung gleichzeitig in die Thematik eines nachhaltigen Umgangs mit Raum ein. Verfügbare Räume in der Stadt – ob Erdgeschosslokal oder größerer Gebäudekomplex, ob temporär genutzt oder zur langfristigen Etablierung aktiviert – sind wichtige Experimentierorte und nicht zuletzt notwendige Statements gegen den globalen Einheitsgeschmack.

COMMON Space Circular Hub von Mostlikely Architecture und den Materialnomaden © Mostlikely & materialnomaden

Der Wettbewerb „Creatives for Vienna – Making Spaces” setzt einen Fokus auf das Thema Räume kreativer Nutzungen – welche Fragestellungen stehen hier im Vordergrund?

Kreative Communities brauchen für tragfähige Kooperationen und Ko-Kreation Platz. Das Weiterdenken von neuen Raum- und Raumnutzungstypologien ist uns dabei besonders wichtig. Wir wollten von der Community wissen, welche Orte Kreativproduktion und interdisziplinäres Arbeiten ermöglichen; wie Arbeitsräume neu gedacht werden müssen, um die Arbeit von Kreativschaffenden zu unterstützen und wie ihre Arbeit Wirkung für das unmittelbare Umfeld entfalten und soziale Interaktion in der Stadt fördern kann.

Mit „Making Spaces“ wollten wir aber auch das enorme Engagement von Raumakteur:innen in Wien aufzeigen, die – oft seit vielen Jahren – Räume für kreative Nutzungen öffnen. Das ist eine sehr anspruchsvolle, mitunter auch mühevolle Aufgabe, die aber nicht nur den Nutzer:innen zu Gute kommt, sondern eine wesentliche Grundlage für Stadt- und Stadtteilentwicklung leistet.

Mit ihrer Arbeit erschließen sie das kreative Potenzial von gemeinschaftlichem Engagement in der Stadt und schärfen damit nicht nur ihr eigenes Profil, sondern auch das Profil von Wien als Kreativstandort.

 

Und was kam dazu aus der Wiener Kreativszene?

Wir waren überwältigt, wie viele tolle Projekte uns erreicht haben. Insgesamt waren es 139 Konzepte aus allen Bereichen der Kreativwirtschaft von Architektur, über Design, Mode und Musik bis hin zu Kunst und Multimedia. Auch die Stadtkarte, die wir jetzt zeichnen können, ist beeindruckend: Die eingereichten Räume sind quer über die Stadt verteilt und haben inhaltlich und raumtypologisch eine enorme Bandbreite.

Mit „Ein Lido für Ottakring“ von Kollektiv Kaorle wird beispielsweise ein ehemaliges Ecklokal mit zwei historischen Werkstatthallen und Innenhof als Ort des Miteinanders für niederschwellige Produktion, Veranstaltungen und Erholung geschaffen. Die Villa Lala befindet sich in einer ehemaligen Botschaftsvilla und ist Wiens erster Produktionskomplex für Musik, der vom Songwriting, bis zur finalen Produktion mit Co-Writing Spaces, Residency und In-House-Studio, alles unter einem Dach vereint. Im ehemaligen Atelierhaus des Bildhauers Wander Bertoni hat ECHO CORRESPONDENCE ein beeindruckendes Zentrum für zeitgenössische Kunst mit international ausgerichtetem Residencyprogramm, Galerie und Community Space aufgebaut. Und mit dem COMMON Space Circular Hub von Mostlikely Architecture und den Materialnomaden konnten wir auch ein Zentrum für Kreislauf- und Kreativwirtschaft fördern, das in den Bereichen Urban Mining, Repair und Upcycling Pionier:innenarbeit leistet. Durch das Betreiben von offenen Räumen und Werkstätten wird die Kreativwirtschaft eingebunden und zum Vernetzen in der Kreislaufwirtschaft angeregt.

ECHO CORRESPONDENCE © Jennifer Gelardo

Was bietet die Wirtschaftsagentur Wien sonst für Unterstützungen zum Thema Raum für kreatives Schaffen?

Um die Potenziale von Zwischennutzungen verstärkt nutzbar zu machen, wurden gemeinsam mit den Ressorts Kultur & Stadtentwicklung 2016 das Kreative Räume Wien – Service für Leerstandsaktivierung und Zwischennutzung (KRW) gegründet. Die Aufgabe der KRW liegt in der Vernetzung und Beratung von Raumunternehmen, Raumsuchenden sowie Liegenschaftseigentümer:innen sowie in der Kommunikation der Thematik. Mehr dazu unter www.kreativeraeumewien.at.

Die Wirtschaftsagentur Wien bietet außerdem ein breites, laufendes Förderportfolio zum Thema Raum an. Mit der„Grätzelinitiative Ottakring“ werden Unternehmen in einem ausgewählten Gebiet in Ottakring unterstützt. Ziel ist es, das Grätzel durch Neueröffnungen zu attraktivieren und das lokale Angebot zu erweitern.

Über „Geschäftsbelebung Jetzt!“ unterstützt die Wirtschaftsagentur Wien zusätzlich Akteur:innen, leerstehende Geschäftslokale im Erdgeschoss zu aktivieren. Kleinere und mittlere Unternehmen werden bei der Investition in bauliche Maßnahmen mit 50 Prozent gefördert.

Und wir bleiben natürlich auch an der Kreativwirtschaft weiter dran: 2024 wird es die nächste Ausgabe von Creatives for Vienna geben…

 

Mehr dazu unter: www.wirtschaftsagentur.at

Villa Lala © Florian Moshammer