EXHIBITIONS

Konzeptuelles Puzzle – Agnes Fuchs im mumok

Was haben Schaltkreise und Malerei miteinander gemeinsam? Sabine B. Vogel war in der aktuellen Ausstellung im mumok und geht der Frage auf den Grund.

Installationsansicht Agnes Fuchs. Her Eyes were Green (5. Mai bis 8. Oktober 2023). Foto: Klaus Pichler, © mumok

Was haben Schaltkreise und Malerei miteinander gemeinsam? Nichts! Unmissverständliche, klar definierte Linien versus assoziationsreiche Farbspiele. In Agnes Fuchs’ Personale „Her Eyes Were Green“ trifft dennoch beides aufeinander. Der Titel ist ein Zitat aus dem Film „Blade Runner“ –  ein Hinweis Richtung Science Fiction, Cyberpunk? Auf den Boden des Ausstellungsraumes in der untersten Ebene des MUMOKs sind Schaltkreise aufgezeichnet, darauf verteilt lose elektronische Elemente aus dem Inneren von Apparaten, irgendwo noch pflanzenähnliche Objekte in Form von Schachtelhalmen. An den Wänden wunderbare Malerei, auf denen Linien aus Schaltkreisen im freien Farbraum schweben. Die Linien der Bedienungsanleitungen scheinen befreit von ihrer Sinnhaftigkeit wieder zu dynamischen Strichen zu werden, als würden hier Minimalismus, Konstruktivismus und Farbfeldmalerei grandios vereint.

Agnes Fuchs. Poem #4/2. DTU Output Driver / (Example of coding, 5.5n-5.6n), 2020/22. Courtesy of the artist © Agnes Fuchs / Bildrecht, Wien 2023

 

Aber warum nur kippen einige dieser manchmal ineinander verschachtelten Malereien auf harten Metallgestellen in den Raum hinein? Fuchs erklärt in einem vom MUMOK produzierten Video, sie wolle die Bilder „in Form einer Welle“ zeigen, daher wechseln kleine mit größeren Formaten, die nach vorne ragen. Mit den Elektroteilchen auf dem Boden wolle sie „klarzumachen, was im Internet, in der Cloud passiert, denn das ist ja alles nicht so ephemer. Es ist kapitalistisch einerseits, es hat hierarchische Strukturen, es sind ja vorgegebene Strukturen“. Die Schachtelhalme nennt sie eine „fossile Form, die immer noch vorhanden ist“. „Da schließt sich das Objekt aus der Natur mit den technologischen Konstruktionen, den elektronischen Bauteilen zusammen“, denn die hier verteilten Teile gehören laut Fuchs zwar zu einer „veralteten Technologie“, würden aber für Reparaturen noch benötigt.

Installationsansicht Agnes Fuchs. Her Eyes were Green (5. Mai bis 8. Oktober 2023) Foto: Klaus Pichler, © mumok

Das sind sicher alles sinnvolle Überlegungen, die die Künstlerin auf dem Weg zu dieser Installation bedachte. Offenbar dient der aufgezeichnete Schaltkreis dazu, dieses konzeptuelle Puzzle zusammenzuhalten. So können sogar Schlagwörter von Postdigital über Medienarchäologie bis Posthumanismus im begleitenden Textheftchen untergebracht werden. Nur widerspricht unsere tatsächliche Raumerfahrung diesen Bemühungen. Denn zunächst ignoriert man die Linien, die eh nicht zu entschlüsseln sind. Beachtet kaum die kleinen Dinge darauf und geht stattdessen zielstrebig auf die Bilder zu, um die Malerei, und nur die Malerei, genauer zu betrachten. Auf dem Rückweg verknüpfen wir dann die gemalten Linien wiedererkennend mit den Elementen im Raum. Gewinnt die Malerei oder die Objekte dadurch irgendeinen Mehrwert? Und wo sind die Cyborgs? An der berühmte Filmtextzeile „Her Eyes Were Green“ entfach(t)en sich endlose Diskussionen: Waren Rachels Augen grün oder braun? Ist die Augenfarbe ein Test, eine Möglichkeit zur Identifizierung oder ein Fehler im Film? Auf jeden Fall geht es um eine Farbe – soll uns der Ausstellungstitel in den Wirren der konzeptuellen Unter- und Überbau-Elemente zur Malerei führen? Das wäre gelungen.

 

Ausstellung Agnes Fuchs. Her Eyes Were Green: Noch bis 8. Oktober 2023

Agnes Fuchs Hybrid, 2023 Serie digitaler Collagen mit: From Early Past to Far Future, / O.T._painting_1 hybrid, 2021
Installationsansicht Agnes Fuchs. Her Eyes were Green (5. Mai bis 8. Oktober 2023) Foto: Klaus Pichler, © mumok
Agnes Fuchs Électronique I, 2017 Videostill, Full HD, dimensions variable Courtesy of the artist © Agnes Fuchs / Bildrecht, Wien 2023
Installationsansicht Agnes Fuchs. Her Eyes were Green (5. Mai bis 8. Oktober 2023) Foto: Klaus Pichler, © mumok