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Kalkulierte Überforderung
Stefan Panhans und Andrea Winkler im Kunstraum Niederoesterreich. Ein Text von Max Steinborn.
Dauer der Ausstellung
30.09.2022 — 26.11.2022
Workout, work und warfare – ist unser Optimierungsdrang die Wurzel allen Übels? Diese Frage beschäftigt die in Hamburg und Berlin lebenden Künstler:innen Stefan Panhans und Andrea Winkler schon länger. Im Kunstraum Niederoesterreich ist derzeit – erstmals in Österreich – eine Ausstellung des Duos zu sehen.
„HIIIIIIIT“, mit sieben „I“, frei nach dem Fitnesstrend des „High Intensity Intervall Training“ (kurz HIIT) – so lautet der Titel der aktuellen Ausstellung von Stefan Panhans und Andrea Winkler im Kunstraum Niederoesterreich. Er verspricht nicht zu viel: „Intensiv“ ist das Bild, das sich uns beim Betreten des Ausstellungsraums in der Herrengasse bietet, in der Tat: LED-Screens in Übergröße, wohin man blickt; dazwischen allerlei Yoga-Matten, Gymnastik-Bälle und andere Fitness-Utensilien, und, als Sitz- und Anlehngelegenheit, ein dunkelblauer Styropor-Klotz, der dreist einen Teil des Hauptraums okkupiert.
HIIIIIIIT ist eine Art Zwischenbilanz der vergangenen drei Jahre multipler Dauer-Krise(n) in Politik, Alltag und Kulturbetrieb. „Die Ausstellung“, schreibt Kuratorin Katharina Brandl, „spiegelt individuelle und gesellschaftliche Vorstellungen von Risikomanagement und Wehrhaftigkeit und fragt: Wie vollziehen wir unsere zwanghaften Versuche der Absicherung gegen chronische, systemische Krisen?“ Abgerechnet wird mit einer Welt, die fortgesetzt Selbstoptimierung von uns fordert, uns im Gegenzug aber immer um das Beste betrügt.
HIIIIIIIT ist eine Art Zwischenbilanz der vergangenen drei Jahre multipler Dauer-Krise(n) in Politik, Alltag und Kulturbetrieb.
Die Zwei-Kanal-Videoinstallation Border Control (2021) unweit vom Eingangsbereich führt uns mitten ins thematische Zentrum von HIIIIIIT. Eine Gruppe von Tänzerinnen performt darin eine Art „Grenz- und Katastrophenschutz-Reigen“, der schließlich mit dem körperlichen Total-Kollaps des Ensembles endet. Erinnert wird u.a. an die Grenzschutzübung Pro Borders aus dem Jahre 2018, ein Herzensprojekt des seinerzeitigen österreichischen Innenministers, bei dem Einheiten aus Polizei und Bundesheer die konzertierte Abwehr eines „Migrantenansturms“ auf die österreichische Grenze probten. Gleich dahinter stoßen wir auf eine Solo-Fotoarbeit von Stefan Panhans, Bringing the WoW Home (2021), eine ironische Hommage an die legendäre (nicht ganz) gleichnamige Collagen-Serie von Martha Rosler aus den 1970ern. Wir sehen Schwarzweiß-Porträts der Schauspielerin Lisa Marie Janke, die, in einer Mischung aus schrullig und verstörend, Kampfgebärden aus dem Online-Rollenspiel World of Warcraft („WoW“) imitiert. Der Krieg ist im Wohnzimmer angekommen – als Fantasy-Farce. In der Videoinstallation DEFENDER (2021), ein paar Meter weiter, begegnet Janke uns erneut, diesmal als Teil eines postdramatischen Endzeit-Musical-Ensembles, das wortreich, Motivationsslogans aus Pop und Reklame skandierend, über die beschränkten Glücksaussichten im Neoliberalismus sinniert.
Der Krieg ist im Wohnzimmer angekommen – als Fantasy-Farce.