EXHIBITIONS

Inspiriert von der Heiligen Katharina – Anna Heindls Schmuckobjekte im KHM

Das Kunsthistorische Museum Wien präsentiert in der Kunstkammer eine neue Werkserie der renommierten österreichischen Schmuckkünstlerin. Ein Text von Sabine B. Vogel.

Anna Heindl, Pink Treasure. 2024. Ring. Präsentiert vor dem Gemälde „Verkündigung an Maria“, 1415-1420. Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie © Anna Heindl, Foto: Manfred Wakolbinger

Es ist nur eine vereinzelte Vitrine, die gleich im ersten Raum der Wunderkammer im Kunsthistorischen Museum (KHM) steht. Doch der Inhalt geht weit darüber hinaus. Denn ein Teil der rund 30 Schmuckstücke, die Anna Heindl hier zeigt, ist inspiriert von einem Gemälde gleich hinter der Vitrine: das spätgotische Tafelbild „Mystische Vermählung der hl. Katharina“ vom Meister von Heiligenkreuz.

 

 

Anna Heindl. Die Vermählung. Ausstellungsansicht © KHM-Museumsverband

Der Maler ist unbekannt, sein Notname bezieht sich auf den Herkunftsort des Bildes aus dem Zisterzienserkloster Stift Heiligenkreuz. Es entstand um 1400 als Diptychon, in einem Teil sieht man eine Verkündigungsszene, im anderen Teil die Vermählung. Die hlg. Katharina ist eine der bekanntesten und beliebtesten Märtyrerinnen, obwohl es keinerlei Belege für ihre historische Existenz gibt. Wahrscheinlich basiert ihre Figur auf der – von Christen – ermordeten Hypatia von Alexandria, einer Mathematikerin, Astronomin und Philosophin, die ca. 355 bis 415 lebte.

 

Katharina lebte der Legende nach in derselben Zeit. Statt sich zum Heidentum zu bekennen, habe sie als geweihte Jungfrau in Alexandria 50 weise Männer in einem Rededuell zum Christentum bekehrt. Mit einem Rad sollte sie gefoltert werden, doch ein Engel zerstörte laut Legende das Rad. Letztendlich wurde sie mit dem Schwert enthauptet, aus ihren Wunden sei Milch statt Blut geflossen.

 

Der Kult der hlg. Katharina ist seit dem 8. Jahrhundert im Westen nachweisbar. Dargestellt wird sie meist in der vornehmen Kleidung einer Königstochter mit Krone, Kreuz, Palme, Buch, Schwert und dem Attribut Rad. Ihr Gedenktag ist der 25. November, mit dem im bäuerlichen Kalender das Weidejahr endet. An diesem Tag mussten früher alle Räder ruhen, Spinn-, Mühl-, Wagen- bis Fahrrad. Bis zum 2. Weltkrieg galt der traditionelle Kathreintanz als letzte Tanzveranstaltung des Jahres.

Meister von Heiligenkreuz. Links: Verkündigung an Maria. Rechts: Mystische Vermählung der hl. Katharina. 1415/20. Malerei und Polimentvergoldung auf Eichenholz. Wien, Kunsthistorisches Museum. Provenienz: Stift Heiligenkreuz, Niederösterreich, 1926 von dort erworben © KHM-Museumsverband

Viele Künstler:innen stellten die Märtyrerin dar, Caravaggio etwa malte sie 1598 in einem prachtvollen blauen Kleid, angelehnt an ein Rad. Auch Heindl beschäftigte sich intensiv mit der Legende und wurde vielleicht noch dazu bestärkt von jener „unverwesten Hand“ Katharinas, die im Katharinenkloster am Berg Sinai aufbewahrt wird, reich geschmückt mit prächtigen Armbändern und Ringen. In dem Diptychon im KHM fallen schnell die spinnenartig-überlangen Finger der Frauenfigur auf, die mit Daumen und Zeigefinger ein Rad halten. Es ist das Attribut der Heiligen, der Verweis auf ihre Folter. Heindl sieht in dem Rad ein stolzen Einstehen Katharinas für ihre religiöse Überzeugung.

Anna Heindl © Manfred Wakolbinger

„Dieses Bild ist vor 600 Jahren für mich gemacht worden“, erklärt sie in einem Interview. An dem Ärmel sehe man, „was das für ein Modefreak war“: dank des extrem weiten Ausschnitts erkenne man, dass die Frau darunter ein eng anliegendes Kleid trage. In ihrem Collier „Katharina“ aus Rotgold mit im Halbkreis angeordneten Bergkristallen greift sie die Form des Rades auf. Das Collier „Öffnung“ mit grünen Turmalinen ist angelehnt an die Ärmelöffnung. Ein Ring mit zwei getrennten Steinen nennt sie „Sich öffnender Fels“, ein weiteres Collier „Engel“. Heindl spricht von ihren Schmuckstücken als ´Skulpturen für den Körper´ – welch schöne Art, das Andenken an eine Märtyrerin zeitgenössisch umzusetzen!

 

Anna Heindl. Die Vermählung. Eine Sonderpräsentation in der Kunstkammer (14. November 2024 bis 16. Februar 2025)

 

Anna Heindl, Pink Treasure. 2024. Ring. 14k Rotgold, Kobalt Calcite, Edelstahl © Anna Heindl, Photo: Manfred Wakolbinger

Anna Heindl, Katharina. 2024. Collier. 14k Rotgold, Bergkristalle, Edelstahl © Anna Heindl, Foto: Manfred Wakolbinger

Anna Heindl. Die Vermählung. Ausstellungsansicht © KHM-Museumsverband

Anna Heindl, Öffnung. 2024. Collier. 14k Rotgold, grüne Turmaline, Edelstahl © Anna Heindl, Foto: Manfred Wakolbinger