EXHIBITIONS

Ein Parcours des Feierns im MAK

Von aristokratischen Gelagen über Raves bis hin zu politischer (Protest-)Festkultur - die neue Themenschau im MAK nähert sich dem FEST aus verschiedensten Blickwinkeln. Ein Text von Sabine B. Vogel.

Abgeleitet vom lateinischen „festum“ hat sich der „Feiertag“ im 13. Jahrhundert zum „festus“, heute „Fest“ entwickelt. Anfangs vor allem für religiöse Anlässe genutzt, später vom Adel als vergnügliche Veranstaltungen perfektioniert, werden Feste seit der Aufklärung verbürgerlicht. Spätestens seit dem 20. Jahrhundert assoziieren wir damit vor allem ausgelassene Gelage, für die sich dank kulturellem Austausch auch Begriffe wie das französischen Fete oder die englische Party eingebürgert haben. Kernpunkt aller Feste ist ein vergnügtes Verhalten der Anwesenden – und genau das vermittelt uns gerade die große kulturgeschichtliche Schau im MAK.

Naja Orashvili, Bogomir Doringer, Rave-O-Lution in Tbilisi, 2018 © Naja Orashvili, Bogomir Doringer

„The Fest“ ist die ersten Themenschau unter der neuen Direktorin Lilli Hollein. Kuratiert von der Kulturhistorikerin Brigitte Felderer wird hier anhand von 650 historischen Tafelbildern, Möbeln, Glasobjekten, Kostümentwürfen, Luster und Beiträgen zeitgenössischer Künstler:innen ein von detailreichem Gestaltungswillen geprägter Fest-Begriff gezeigt. Die meisten Objekte stammen aus den Sammlungen des MAK und erzählen Geschichten von früheren Zeiten wie die „Schlittage“ im 18. Jahrhundert mit prächtigen öffentlichen Schlittenfahrten, pompöse Festzüge, allerlei malerisch festgehaltene Feuerwerke bis zu „Exzessmöbeln“ anlässlich hoher Hochzeiten als „Gradmesser für die Leistungsfähigkeit unserer Kunstindustrie“ (Info-Tafel).

 

Großartig der mehr als vier Meter lange Zwettler Tafelaufsatz aus weißem Porzellan, ein besonders detailreiches Beispiel der Tafelkultur des 18. Jahrhunderts. Angefertigt zum goldenen Professjubiläum des Abtes Rainer Kollmann im Zisterzienserstift Zwettl um 1768 sollten mit den 60 figürlichen Szenen die Gespräche bei Tisch angeregt, die Allegorien entschlüsselt, Gleichnisse abgeleitet werden. Für „The Fest“ hat der Wiener Künstler Thomas Hörl die Figuren mit Harlekin-artigen, bunten Farbakzenten aktualisiert und durch hervorgehobene Details reinterpretiert. Herrlich auch Michèle Pagels Skulptur „Shrimpscocktail“ mit riesigen roten Meerestieren aus Ziegelsteinen, die einen Stehtisch okkupieren und unsere heutigen Konsumgewohnheiten beim Feiern ins Absurde überhöhen. Die Skulptur steht im Raum „Luxus für alle“, wo auch Filme projiziert werden: eine Modenschau von 1968, ein Faschingsfest der Secession 1963 und die Fotostrecke aktueller Ausstellungsveranstaltungen von eSel seit 2006.

Michèle Pagel, Luxus für Alle!, 2022. Belvedere, Wien.

Aber im MAK sehen wir nicht nur Beispiele fröhlich-glanzvoller Feiern. Der Untertitel deutet es an: „Zwischen Repräsentation und Aufruhr“ – auch die politische Festkultur von der 1. Mai-Feier bis zu Protestkundgebungen gehört dazu, mit der festliche Formate für Ideologien instrumentalisiert werden. Am Ende des Parcours erzählen Designerentwürfe von Helmut Lang oder Demna Gvasalia für Balenciaga vom festlichen Dresscode unserer Zeit.

 

„Das Fest“ ist ein faszinierender, farbenfroher, prächtiger, detailreicher Parcours – ob hier Fremde unsere Kultur des Feierns verstehen können? Jene aus den Zeiten der Aristokratie sicherlich, die wunderbaren Objekte veranschaulichen die Lust an glanzvollen Veranstaltungen in einer bildreichen transkulturellen Sprache. Aber ob das dichte Gedränge eines Tanzabends in einem zeitgenössischen Club und die Massenevents auf der Straße von Freude zeugen? Das jedoch gehört genauso dazu, und genau darin liegt der Verdienst dieser Themenausstellung, die die weniger prächtigen Seiten dieser Tradition nicht ausspart.

 

MAK, The Fest, 14.12.2022-7.5.2023

MAK Ausstellungsansicht, 2022, THE FEST (c) Markus Krottendorfer/MAK