EXHIBITIONS

Ein Leben in Bildern – Tilla Durieux im Leopold Museum

Die Schauspielerin gehört zu den schillerndsten Stars des frühen 20. Jahrhunderts und galt lange als Rollenmodell der modernen Frau. Ein Text von Sabine B. Vogel.

ANONYME*R FOTOGRAF*IN, Tilla Durieux als Lady Macbeth in Macbeth, 1937 © Akademie der Künste, Berlin, Tilla-Durieux-Archiv, Nr. 193_3, Foto: Akademie der Künste, Berlin, Tilla-Durieux-Archiv, Nr. 193_3

 

 

Geboren 1880 als Ottilie Godeffroy in Wien, gestorben unter ihrem Künstlernamen Tilla Durieux 1971 in Berlin, gehört die Schauspielerin zu den schillerndsten Stars des frühen 20. Jahrhunderts. Sie brillierte auf der Bühne und galt lange als Rollenmodell der modernen Frau. Jetzt ist ihr eine große Schau im Leopold Museum gewidmet. Denn Durieux ist eine der am meisten portraitierten Frauen des letzten Jahrhunderts – obwohl sie keineswegs als Schönheit galt. Ein Theaterkritiker nannte sie ob ihrer sehr individuellen Gesichtspartien sogar einmal eine „weiße Negerin“. Darin lag aber auch ihre Stärke, die eine große Wandlungsfähigkeit in ihren Bühnenrollen und Portraitsitzungen zuließ.

So kann Kuratorin Daniela Gregori jetzt nach drei Jahren Recherche 233 Werke präsentieren, die Durieux in 14 Gemälden, 16 Skulpturen, dazu Papierarbeiten und Fotografien zeigen. Eines der frühesten Portraits stammt aus der Sammlung des Leopold Museums: Ihr erster Ehemann Eugen Spiro malte seine Frau 1905 auf dem Sofa im häuslichen Glück – das damals bereits angezählt war.

EUGEN SPIRO, Dame mit Hund (Tilla Durieux), 1905 © Privatsammlung, Foto: Leopold Museum, Wien © Bildrecht, Wien 2022

Denn in jenem Jahr lernte sie ihren zweiten Ehemann, den bekannten Kunsthändler Paul Cassirer kennen, der sie von zahlreichen gefeierten Künstlern portraitieren ließ: Max Slevogt hält sie 1907 in ihrer Rolle als verführerische Kleopatra fest, Franz von Stuck als betörende Circe. Nicht alle Künstler waren von den Aufträgen begeistert, Oskar Kokoschka habe es nur „mit Widerwillen“ angenommen, wie Gregori im Katalog schreibt, und Max Oppenheimer suchte mit einigen Studien nach der geeigneten Pose. Auch diese Werke gehören zur Sammlung des Leopold Museums. Ernst Barlach schuf gleich mehrere Portraitbüsten in Gips, Bronze und Porzellan. Sogar ihr Portrait von Auguste Renoir von 1914, das heute dem Metropolitan Museum of Art in New York gehört, ist im Leopold Museum zu sehen. Es ist eines der letzten Werke des Meisters, das er im Rollstuhl sitzend, die Pinsel an seine Hand angebunden anfertigte. Malerisch faszinierend, ist Durieux allerdings derartig idealisiert, dass die Diva kaum zu erkennen ist.

AUGUSTE RENOIR, Porträt Tilla Durieux, 1914 © The Metropolitan Museum of Art, Bequest of Stephen C. Clark, 1960

 

In den 1920ern wird sie von Künstlerinnen wie Charley Toorop, Martel Schwichtenberg oder der Fotografin Lotte Jacobi als selbstbewusste, emanzipierte „Neue Frau“ dargestellt. Ein anonymer Fotograf hält sie 1937 in Nahaufnahme in der Rolle als diabolische Lady Macbeth fest, da lebte sie bereits seit vier Jahren im Exil in Prag. Die Jahre, in denen sie dort als Kostümbildnerin für ein Puppentheater arbeitet bis zur Wiederkehr 1955 nach Deutschland, tippt die Ausstellung nur an. Eines der letzten Portraits zeigt eine nachdenkliche Durieux 1967 in der Zeichnung von Helga Tiemann. Im selben Jahr verfügte sie, dass ihr einst von Cassirer erhaltenes Art-déco-Collier mit 34 in Platin gefassten Zirkonen alle zehn Jahre als Preis für eine „herausragende Vertreterin der deutschen Schauspielkunst“ verliehen wird. 2021 der deutschen Schauspielerin Gabriela Maria Schmeide überreicht, ist dieses als ewiges Andenken gedachte Objekt jetzt bis zum Februar 2023 auch im Leopold Museum zu sehen.

Ausstellungsansicht "Tilla Durieux" © Leopold Museum, Wien, Foto: Lisa Rastl