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EXHIBITIONS
Das Museum als Fessel und Falle
Die neue Ausstellung im mumok lädt uns ein, über das Tier in uns nachzudenken. Ein Text von Sabine B. Vogel.
Dauer der Ausstellung
22.09.2022 — 26.02.2023
„Was für ein Zoo ist das MUMOK?“ Zu dieser merkwürdigen Frage gelangte das Kuratorinnenduo Manuela Ammer und Ulrike Müller bei der Durchsicht der MUMOK-Sammlungen: Unter den rund 10.000 Werken befinden sich 500 skulpturale, gemalte, fotografierte Tiere, recherchierten sie.
Anlass ihrer Durchsicht war der 60. Geburtstag des 1962 als Museum des 20. Jahrhunderts gegründeten Hauses. Für die Jubiläumsausstellungen wählte das Duo schließlich 400 Exponate aus dem MUMOK „und von außerhalb“, wie die Leihgaben zusammengefasst sind, aus. Alles Tiere. Der Titel: „Das Tier in dir“ – man ahnt, dass es hier nicht um niedliche Haus- und Kuscheltiere geht. Im Sprachgebrauch wird damit das Animalische, eine bedrohliche Triebhaftigkeit benannt.
Schon beim ersten Schritt in die Ausstellung wird allerdings klar: Hier geht es auch nicht um wilde Männerphantasien. Wir werden empfangen von einer riesigen blauen Plüsch-Spinne (Pino Pascalis), von Ameisen (Peter Kogler), Fledermäusen (Walter Dahn); Chéri Samba malt Gelsen-jagende Männer, Gina Pane lässt Maden über ihr Gesicht kriechen. Weiter hinter okkupieren Schnecken einen alten Sessel – überall Tiere, mal eklig, mal bedrohlich, mal harmlos oder selten auch niedlich, bisweilen sogar abstrakt wie bei Johannes Ittens Gemälde „Vogelthema“, wo inmitten der farbigen Formen lediglich eine Spitze als Schnabel an Tiere erinnert.
Man kann diesen Tier-intensiven Parcours über drei Stockwerke als unterhaltsamen Zoobesuch abwandern, als motivisch geklärten Gang durch die jüngere Kunstgeschichte. Aber man kann diese Ausstellung auch als Herausforderung sehen, Denk- und Wahrnehmungsstrukturen aufzubrechen. Denn das Tiermotiv ist hier ein Ausgangspunkt, um über uns nachzudenken, über all die Eigenschaften, die Menschen auf Tiere übertragen – per se ist schließlich kein Tier eklig. Oder über Hierarchien und Herrschaftsphantasien, über menschliche Überheblichkeit und tierische Duldsamkeit, über unsere Vorstellung von Wildheit und den menschlichen Drang, zähmen zu wollen. Hier hakt dann auch die Anfangs vorgeschlagene Analogie Museum = Zoo, also Kunstwerk = Tier ein: Zähmt ein Museum die Kunst? Ist der white cube ein vergittertes Gehege? Ist das Museum gar eine „Falle“, wie es im Pressetext heißt, eine „Fessel, die uns in liberal-humanistischen Fantasien und Autonomie gefangen hält?“ Allein für diesen Denkansatz lohnt sich ein Besuch der Ausstellung!
Das Tier in dir, MUMOK, 22.9.2022-26.2.2023